Unser Leben besteht aus morgens aufstehen, um in die Arbeit zu rennen. Dort für wenig Lohn acht oder mehr Stunden zu buckeln. Am Ende des Monats muss trotzdem gerechnet werden, ob nach Abzug der Miete noch genug Geld vorhanden ist – für Rechnungen, Bahntickets oder Lebensmittel. Leiharbeit, befristete und prekäre Beschäftigung weiten sich aus.
Mit dem Überschuss aus unserer Arbeit machen die Unternehmen Gewinn, die sie entweder reinvestieren oder einstreichen, auch konsumieren oder an Aktionäre ausschütten. Der gesamte gesellschaftliche Reichtum basiert auf Nichtbesitz eines Großteils der Menschen, der sie einerseits zur Lohnarbeit und andererseits dazu zwingt, die hergestellten Güter mit ihrem Lohn wieder zu erwerben. Auf der sozialen Leiter absteigen kann man schnell, dies jedoch verhindern kann man dagegen nur durch noch mehr Lohnarbeit und Leistungszwang.
Die relativ gut bezahlten und abgesicherten Stammbelegschaften stellen schon lange keine Mehrheit mehr dar. Die Gewerkschaften klammern sich jedoch an dieses Klientel, wobei die Ränder von ihnen einfach geopfert werden. Andererseits wurde mit dem drohenden „Tarifeinheitsgesetz“ das Streikrecht faktisch ausgehebelt und kleineren Gewerkschaften die Möglichkeit eigenständiger Kämpfe genommen.
Wie immer am 1. Mai werden die DGB-Gewerkschaften und sozialdemokratischen Parteien etwas von Solidarität faseln. Helfen wird das niemandem. Letztlich müssen wir uns schon selbst helfen. In der Arbeit und im Alltag. Individuelle Verweigerung kommt häufig vor. Praktische Solidarität und Selbstorganisierung existieren ebenfalls bereits, wenn auch nicht immer gleich offen sichtbar. In kleinen und in größeren Ansätzen. Es liegt an uns Betroffenen langfristig einen solidarischen und kollektiven Prozess in Gang zu setzen.
Doch machen wir uns nichts vor. Es liegt ein langer Weg vor uns. Und die Zeiten werden härter. Nach der Krise 2008 und den Migrationsbewegungen nach Europa bricht sich in Teilen der Gesellschaft Rassismus Bahn. Statt die Ursache der Misere in der sozialen Ungleichheit zu verorten, wird diese ethnisiert. Es wird wieder zur Normalität Nationalismus, d. h. eine »Wir zuerst«-Mentalität offen zu propagieren. Nahezu täglich gibt es Übergriffe auf Geflüchtete oder deren Unterkünfte. Rassist_innen demonstrieren, sind im öffentlichen Raum präsent und werden in Parlamente gewählt.
Wenn wir dieser Entwicklung etwas entgegen setzen wollen, brauchen wir einerseits eine reale Utopie einer anderen Gesellschaftsform. In der Hierarchien und Gesellschaftsklassen durch egalitäre soziale Verhältnisse aufgehoben werden. Eine Gesellschaft, in der Eigentum bedeutet, dass alles allen gehört.
Andererseits müssen wir im Hier und Jetzt beginnen, emanzipatorische Prozesse anzustoßen. Das heißt, sich so zu organisieren, so zu kämpfen und leben wie wir uns die Verhältnisse ohne der kapitalistischen Verwertungslogik vorstellen.
Wir wollen am 1. Mai all jenen eine Stimme geben, die bereits Tag für Tag gegen die Verhältnisse sozialer Ungleichheit ankämpfen. Solidarisch und selbstorganisiert.
Eine sozialrevolutionäre Perspektive ist die Alternative
The Future Is Unwritten